akowia e.V.
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Ein Plädoyer für den Erhalt alt-bewährter Obstsorten

Akowia e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, für den Naturschutz Obstbaumwiesen in Kiel und seinem Umland zu pflegen und zu erhalten. Durch Neuanpflanzungen regionaler und alt-bewährter Obstsorten auf von Vereinsmitgliedern betreuten städtischen Pflegewiesen und in den Privatgärten seiner Mitglieder möchten wir zudem einen Beitrag zur nachhaltigen Bewahrung der Sortenvielfalt leisten.

Durch Beratung und unseren jährlich im Frühjahr stattfindenden Veredelungskurs erfahren unsere Vereinsmitglieder und andere interessierte Laien, wie sie selbst ihre Lieblingssorte z.B. aus „Omas Garten“ durch Veredelung eines jungen Bäumchens für die nächsten Generationen bewahren können. Dabei liegen uns die in Schleswig-Holstein und dem Kieler Raum seit Jahrzehnten oder gar seit Jahrhunderten alt-bewährten Sorten ganz besonders am Herzen, weil dadurch regionales Kulturgut erhalten wird und weil Sorten, die seit 100 oder mehr Jahren erfolgreich bei uns angepflanzt wurden, weniger krankheitsanfällig und besser auf unser maritimes Klima abgestimmt sind. Einige Sorten kommen auch aus südlicheren Gebieten oder aus dem benachbarten Ausland und haben sich bei uns im Norden über lange Zeit etabliert und zur Anpflanzung bewährt.

Alte Obstsorten sind nicht „besser“ als junge Sorten, allerdings ist die genetische und geschmackliche Bandbreite bei alten Sorten gegenüber den seit etwa den 1970er Jahren „hochgezüchteten“ Supermarktsorten größer. Früher diente das Obst nicht wie heute fast ausschließlich dem Sofortgenuss als Tafelfrucht, sondern hatte vielfältige Eigenschaften zum Rohgenuss, Einlagern, Kochen, Backen, Dörren oder für die Saft-/Wein- und Schnapsherstellung. Heute finden sich im Supermarkt nur noch Apfelsorten für den Sofortgenuss, die eine handelstaugliche, gleichmäßig geformte Normgröße haben, in der Regel schön rot glänzen, eine glatte Schale haben und keine Macken aufweisen. Sie haben zwar ein gut ausgewogenes Zucker-Säure-Verhältnis und treffen vermutlich einen Großteil des europäischen Geschmacksnervs, schmecken aber irgendwie auch ähnlich. Dies liegt daran, dass die meisten modernen Supermarktsorten seit Jahrzehnten nur noch von wenigen gängigen Standardsorten abstammen, die untereinander hin- und hergekreuzt wurden, d.h. deren genetische und damit geschmackliche Vielfalt ist beschränkt.

Wir Mitglieder vom akowia e.V. behaupten dagegen, dass unsere zahlreichen ungespritzten Apfelsorten auf unseren Pflegewiesen und in den privaten Gärten unserer Vereinsmitglieder eine wesentlich größere geschmackliche Bandbreite abdecken; dafür lächelt uns dann allerdings manchmal ein schrumpeliges Apfelgesicht oder ein Würmchen an. Halten Sie Ihre Nase einmal an den nur wenige Tage haltbaren Augustapfel im Vergleich zu einem gewachsten Pink Lady aus dem Supermarkt, das ist ein Geruchs- und Geschmacksunterschied wie Tag und Nacht. Ein Apfel von unseren Wiesen ist nicht einfach nur ein Apfel. Jede unserer vielen Sorten hat einen eigenen Charakter mit verschieden Eigenschaften in Größe, Form, Geschmack, Geruch, Festigkeit, Farbe, Schale, Pflückreife, Genussreife, Lagerfähigkeit, Verwendungsschwerpunkt, Standorteignung, Krankheitsanfälligkeit sowie der Wuchseigenschaft des Baumes.

Nicht zuletzt hat jede Sorte ihre eigene, zum Teil äußerst spannende Geschichte: z.B. sollen den Gravensteiner ein dänischer Prinz im 17. Jahrhundert aus Savoyen nach Schloss Gravenstein an die Flensburger Förde und den Roten Winterstettiner angeblich die Kreuzfahrer aus Nahost mitgebracht haben. Alte Sorten stellen teilweise auch ein auf die Region begrenztes Kulturgut dar, welches wir für die nachwachsenden Generationen bewahren wollen, bevor sie sonst ganz aussterben (z.B. Klausdorfer Häger, Dithmarscher Paradies – „Typ Elmschenhagen“, Wallapfel aus Hasseldieksdamm). Daher ist es für jeden Baumbesitzer wichtig, die Sortennamen stets zu dokumentieren und für die Kinder, Enkelkinder oder spätere Hobby-Pomologen aufzuschreiben und aufzubewahren. Nachträgliche Sortenbestimmungen sind nämlich äußerst schwierig und oft erfolglos. So manche Sortenschätze wurden aus Unkenntnis gefällt, bevor sie weiterveredelt und für die Nachwelt erhalten werden konnten. Mitglieder des akowia e.V. veredeln und pflanzen auf vom Verein betreuten städtischen Pflegewiesen und in ihren Gärten daher vorzugsweise seltene, in der Kiel-Region alt-bewährte Obstsorten.

So konnte ich selbst äußerst seltene, norddeutsche Sorten wie z.B. Alantapfel, Jeverländer Süßapfel, Sommerparmäne, (friesischer) Doppelpison, „Kieler Renette“ (Arbeitsname), Dithmarscher Paradies – „Typ Elmschenhagen“, Roter Münsterländer Borstorfer, „Wangerooger“ (Wildling) und die Lübecker Prinzessinbirne durch eigene Nachveredelungen von teilweise bereits abgängigen Altbäumen erhalten, die dann durch Neuanpflanzungen z.B. auf der Fläche des Kieler Naturerlebniszentrums Kollhorst und anderen Pflegewiesen und in Privatgärten in der Kiel-Region gepflanzt werden konnten.

Manche alt-bewährten Obstsorten sind inzwischen leider äußerst selten geworden. Es gibt zu wenig neue Jungbäume, so dass deren gänzliches Verschwinden in einigen Jahren ohne Nachpflanzungen zu befürchten wäre.

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